Klara Gorlatschowa

Klara überlebt das KZ Petschora. Und sie rettet ein Lied aus dem KZ.

Kurz vor Klaras 3. Geburtstag im Juni 1941 greift die Wehrmacht die Sowjetunion an. Die Familie flüchtet, doch 1942 wird sie mit ihren Eltern und ihrer Großmutter in das KZ Petschora deportiert.

Ohne Essen und Trinken stirbt die Großmutter nach kurzer Zeit. Klara überlebt ein menschenverachtendes „medizinisches“ Experiment. Der Vater will Rüben von einem Acker holen. Ein Wachmann erschlägt ihn. Wer versucht, aus dem Fluss zu trinken, wird erschossen. Klaras Mutter entschließt sich für die Flucht. Sie wirft Klara über den 2 Meter hohen Zaun und klettert hinterher. 

Nach 50 km zu Fuß und einer Gefangenschaft im Dorfgetto werden sie im Frühjahr 1944 von der Roten Armee befreit. Klara bleibt der Text eines Liedes in Erinnerung. Doch an die Melodie erinnert sie sich nicht. Eine Mitgefangene sang es immer wieder. KZ-Häftlinge haben es verfasst. Klara wird Krankenschwester und später Laborantin. Bis heute setzt sie sich für das Erinnern ein und beteiligt sich an Gedenkveranstaltungen.

„Ihr werdet nicht so viele Kerzen finden, als dass man aller gedenken kann.“

  • Emanuel hat eine Melodie für das gerettete Lied von Klara geschrieben. Klara liest uns das Lied auf Russisch vor. Höre Dir das Lied hier an!

Klaras Lied ohne Melodie

Ich werde euch nun das neue Lied vorsingen, ihr Juden,
über das Lager Petschora, in dem wir uns befinden.
Ich singe es für alle Menschen, weil wir Plebejer sind.
Unser ganzes Leid kann man nicht in Worte fassen.
Wie Vieh trieben sie uns von überall her.

Hier stand einst ein Sanatorium.
Ihr werdet nicht so viele Kerzen finden,
als dass man aller gedenken kann, die Hitler ermordet hat.
Sie misshandeln uns, wie sie nur können,
Smetanskie* und andere Henker.
Beten und Weinen hilft nicht mehr.
Das ist dein Schicksal, Jude: Halte durch und schweige.
Wir haben vor dem Krieg gar nicht so schlecht gelebt.
Wir hatten Brot und wir hatten festen Boden unter den Füßen.
Jetzt gibt es für uns kein vor und kein zurück.
Nur der Tod lungert um uns herum.
Ich habe euch nun das neue Lied vorgesungen, ihr Juden.
Niemand wird uns helfen, niemand wird uns retten.

Ich bitte euch nur um eines:
Das wenigstens einer von uns die Wahrheit in die Welt trägt.

* Vermutlich bezieht sich der Name Smetanskie auf einen besonders sadistischen Aufseher im Lager.
Übersetzt aus dem Russischen im Auftrag des Instituts für sozialwissenschaftliche Forschung, Bildung und Beratung e. V.